Ein Wertpapierdepot oder Guthaben auf einem Konto können bereits durch Einräumung einer Mitinhaberschaft bzw Zeichnungsberechtigung bei der Bank schenkungsweise übertragen werden.
In der seit Jahren strittigen Frage, ob die Einräumung einer Depot- oder Kontomitinhaberschaft bereits eine wirkliche Übergabe als Voraussetzung einer rechtsgültigen Schenkung bedeutet, hat der OGH (am 03.05.2018 zu 2 Ob 122/17f) im Rahmen eines verstärkten Senates folgenden Rechtssatz formuliert:
Wertpapiere auf einem Depot oder Guthaben auf einem Konto werden schon dadurch im Sinne von § 943 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch), § 1 lit d NotAktsG (Notariatsaktsgesetz) wirklich übergeben, dass der Geschenkgeber dem Geschenknehmer – etwa durch Begründung einer Mitinhaberschaft – die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einräumt, darüber ohne sein weiteres Mitwirken zu verfügen. Das Einräumen einer ausschließlichen Verfügungsbefugnis ist demzufolge nicht erforderlich.
Im vorliegenden Fall hatte eine (zwischenzeitlich verstorbene) Dame einer Haushälterin, die sich redlich um die Erblasserin kümmerte, die Hälfte ihres Wertpapierdepots geschenkt und wurde daraufhin als Mitinhaberin des Wertpapierdepots bei der Bank eingetragen. Die Bestätigung über die Einräumung der Mitinhaberschaft wurde vom Bankbetreuer, vom zur Besprechung hinzugezogenen Filialleiter sowie von der Erblasserin und der Beklagten unterschrieben. Tschugguel hat in seiner aktuellen Glosse zu dieser Entscheidung (EF-Z - Erb- und Familienrechts-Zeitung, 2018/112) zu Recht angemerkt, dass durch die rezente Entscheidung die Frage nach dem Schenkungswillen in den Vordergrund rückt. Denn auf Basis dieser Rechtsprechung könnte jeder Mitinhaber und jeder Zeichnungsberechtigte eine Schenkung an ihn behaupten, wenn es ihm gelingt, einen entsprechenden Schenkungswillen nachzuweisen.
In der Praxis bedeutet dies also die anwaltliche Empfehlung zur Klarstellung, ob bei der Einräumung einer Mitinhaberschaft über ein Vermögen überhaupt eine Schenkung und bejahendenfalls, in welchem Umfange gewollt ist. Es wird daher jedem Wertpapierdepotinhaber wärmstens ans Herz gelegt, vor der Einräumung einer Mitinhaberschaft oder Zeichnungsberechtigung juristisch einwandfrei dokumentieren zu lassen, welche konkrete zivilrechtliche Bedeutung die Einräumung der Mitinhaberschaft und Zeichnungsberechtigung an Dritte im konkreten Fall haben soll.
Auch für Banken wäre es empfehlenswert, ihre Kunden in solchen Fällen stets an einen Rechtsberater deren Vertrauens zu verweisen.
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Ich wünsche Ihnen noch ein schönes Wochenende und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr Henrik Gunz